Vergabekammer des Bundes, Beschluss vom 23. Juni 2025 – VK 2-93/24

19. Oktober 2025 - Vergaberecht

Die Vergabekammer des Bundes hat mit Beschluss vom 23. Juni 2025 – VK 2-93/24 – entschieden, dass Bieter auch dann zur Nachforderung von Unterlagen aufzufordern sind, wenn die fehlenden Dokumente elektronisch leicht zugänglich wären, der Auftraggeber sie aber nicht rechtzeitig abgerufen hat. Das Nachfordern ist Teil der fairen Wettbewerbswahrung und keine unzulässige Nachbesserung des Angebots.

Der Auftraggeber hatte das Angebot eines Bieters wegen fehlender Eigenerklärungen zur technischen Leistungsfähigkeit ausgeschlossen. Die Unterlagen waren jedoch in einem allgemein zugänglichen Bieterprofil des eVergabe-Portals hinterlegt. Eine Nachforderung nach § 56 VgV erfolgte nicht. Der Bieter beantragte Nachprüfung.

Die Vergabekammer gab dem Antrag statt. Sie stellte klar, dass Auftraggeber die formalen Anforderungen des § 56 VgV nicht restriktiv auslegen dürfen. Ziel der Regelung sei die Sicherung des Wettbewerbs, nicht die Formalisierung von Fehlerfolgen. Nur wenn der Bieter die Unterlagen bewusst zurückhält oder deren Nachreichung zu einer inhaltlichen Änderung des Angebots führen würde, ist eine Nachforderung ausgeschlossen.

Darüber hinaus bekräftigte die Kammer, dass elektronische Bieterprofile oder Online-Nachweise nicht als Teil des Angebots gelten, wenn sie nicht ausdrücklich benannt oder verlinkt wurden. Auftraggeber müssen daher bei Unklarheiten aktiv aufklären.

Die Entscheidung stärkt den Grundsatz des effektiven Wettbewerbs und betont die Verpflichtung öffentlicher Auftraggeber, im Zweifel eine Nachforderung zu veranlassen, bevor ein Ausschluss erfolgt.