Die Vergabekammer des Bundes hatte ein Vergabeverfahren zur Beschaffung umfangreicher IT-Dienstleistungen zu beurteilen, in dem die Antragstellerin die Bewertungsstruktur des Zuschlags angegriffen hatte.
Die Vergabestelle setzte für den qualitativen Teil eine mehrstufige Bewertungsmatrix ein, in der Konzepte und Präsentationsinhalte bewertet werden sollten. Zwar waren die Zuschlagskriterien benannt, die maßgeblichen Unterkriterien, die interne Verrasterung und die konkreten Bewertungsmaßstäbe wurden aber nicht veröffentlicht, sondern sollten erst nach Angebotsabgabe intern festgelegt und angewandt werden.
Die Antragstellerin wandte ein, sie könne bei dieser Anlage der Unterlagen nicht erkennen, welche inhaltlichen Schwerpunkte für die Wertung tatsächlich ausschlaggebend seien, und rügte einen Verstoß gegen Transparenz und Gleichbehandlung. Sie machte insbesondere geltend, die Vergabestelle habe Bewertungsgesichtspunkte erst im laufenden Wertungsverfahren entwickelt und damit ihre eigene Bindung an die veröffentlichten Kriterien unterlaufen.
Die Vergabekammer folgt dieser Kritik im Kern. Ein Bieter muss im Zeitpunkt der Angebotsabgabe nachvollziehen können, welche qualitativen und konzeptionellen Elemente für den Zuschlag prägend sind und wie sich die einzelnen Bewertungsaspekte in der Gesamtwertung niederschlagen. Dazu gehört nicht nur die Benennung der Hauptkriterien, sondern auch die Offenlegung der Unterkriterien, ihrer Gewichtung und des vorgesehenen Bewertungsmaßstabs. Die Vergabekammer führt in den Entscheidungsgründen weiter aus, dass die Vergabestelle ihr Wertungskonzept vollständig vor Veröffentlichung der Vergabeunterlagen zu entwickeln hat; eine nachträgliche Ergänzung, Konkretisierung oder Verschiebung von Unterkriterien im Wertungsprozess ist unzulässig.
Konzept- und Präsentationsbestandteile sind danach nur dann vergaberechtlich tragfähige Zuschlagskriterien, wenn der Auftraggeber im Vorfeld klar beschreibt, was bewertet wird, welche inhaltlichen Anforderungen gestellt werden und in welchem Rahmen sich die Punktvergabe bewegt. Allgemeine Formulierungen, die Raum für eine spätere Schwerpunktsetzung im internen Wertungsgremium lassen, genügen diesem Maßstab nicht. Die Vergabekammer hebt die beabsichtigte Vergabe auf und verpflichtet die Vergabestelle, das Verfahren mit einer vollständig veröffentlichten Bewertungsstruktur neu zu starten.
Für die Praxis bedeutet dies: Wertungsmatrizen sind kein interner Steuerungsmechanismus, sondern Bestandteil der vergaberechtlichen Selbstbindung. Auftraggeber müssen alle wertungsrelevanten Kriterien – einschließlich Unterkriterien und Bewertungslogik – offenlegen, bevor Angebote abgegeben werden. Bieter sind gut beraten, unklare oder unvollständige Vorgaben zur Bewertungsmethodik bereits in der Angebotsphase ausdrücklich zu rügen.
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