Ein öffentlicher Auftraggeber hatte die geplante Beschaffung ohne EU-weite Ausschreibung durchgeführt, da er den Auftragswert unterhalb der Schwellenwerte einschätzte. Ein Wettbewerber beanstandete diese Annahme und machte geltend, dass der Gesamtwert der Leistungen die maßgebliche Schwelle deutlich überschreite und somit ein europaweites Verfahren nach der VgV erforderlich gewesen wäre.
Die Vergabekammer des Bundes gab dem Antrag statt. Sie stellte klar, dass die Schätzung des Auftragswertes nach objektiven Maßstäben zu erfolgen hat und eine bloß interne Einschätzung ohne belastbare Kalkulationsgrundlage nicht genügt. Wird die Schwelle aufgrund unzureichender oder willkürlicher Annahmen unterschritten, ist die Wahl des Verfahrens fehlerhaft und die Vergabe rechtswidrig. Maßgeblich ist der voraussichtliche Gesamtwert aller im funktionalen Zusammenhang stehenden Leistungen (§ 3 VgV).
Die Entscheidung betont die Verantwortung der Auftraggeber, die Schwellenwertprüfung sorgfältig und nachvollziehbar zu dokumentieren. Eine unzutreffende oder unvollständige Berechnung kann das gesamte Verfahren zu Fall bringen. Für die Praxis gilt: Eine saubere, frühzeitig geprüfte Auftragswertschätzung ist die erste Vergabeentscheidung – und rechtlich zwingend.
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