OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.09.2025, Az. 15 Verg 12/25

24. Oktober 2025 - Vergaberecht

Das OLG Karlsruhe hatte über die Grenzen zulässiger Nachforderungen im Vergabeverfahren zu entscheiden. Ein öffentlicher Auftraggeber wollte fehlende Preisangaben eines Bieters nachfordern und die Angebotsunterlagen ergänzen lassen. Die Vergabekammer hatte den Auftraggeber darauf hingewiesen, dass eine solche Nachforderung zu einer unzulässigen inhaltlichen Änderung des Angebots führen könne. Der Auftraggeber legte sofortige Beschwerde ein.

Das OLG Karlsruhe stellte klar: Nachforderungen sind nur dann zulässig, wenn sie nicht zu einer nachträglichen Änderung des Angebotsinhalts führen. Der Auftraggeber darf formale oder rein rechnerische Unklarheiten aufklären, nicht jedoch fehlende oder unvollständige Leistungspositionen nachträglich ergänzen lassen. § 56 VgV und § 16a EU VOB/A verlangen, dass der Angebotsinhalt bei Ablauf der Angebotsfrist feststehen muss. Eine spätere Korrektur würde den Gleichbehandlungsgrundsatz verletzen.

Die Entscheidung betont erneut die scharfe Trennlinie zwischen bloßen Formalien und materiellen Angebotsbestandteilen. Für die Praxis bedeutet dies: Auftraggeber müssen frühzeitig prüfen, ob eine Nachforderung noch formaler Natur ist oder bereits den Wettbewerb verzerren würde. Bieter wiederum sollten auf Vollständigkeit und Konsistenz ihrer Angebote größte Sorgfalt verwenden.