OLG Düsseldorf (Vergabesenat), Beschluss vom 10. Juli 2024 – Verg 11/24

16. Dezember 2025 - Vergaberecht

Das OLG Düsseldorf entschied über die Beschwerde gegen eine Entscheidung der Vergabekammer.

Gegenstand des Nachprüfungsverfahrens war die Frage, ob die Organisation und Durchführung von Versetzdiensten für Seelotsen sowie die Vorhaltung und der Betrieb der hierfür erforderlichen Einrichtungen als vergaberechtsrelevanter öffentlicher Auftrag einzuordnen sind oder ob es sich um eine außerhalb des Vergaberechts liegende Aufgabenübertragung handelt.

Ausgangspunkt des Verfahrens war, dass die Antragstellerin beziehungsweise deren Gesellschafterin die betreffenden Leistungen zuvor auf Grundlage einer europaweiten Ausschreibung erbracht hatte. Nach einer außerordentlichen Kündigung wurde die Leistungserbringung auf einen Dritten übertragen. Die Antragstellerin sah hierin eine vergaberechtswidrige Direktvergabe beziehungsweise eine unzulässige Aufgaben- und Leistungsübertragung ohne Durchführung eines neuen Vergabeverfahrens und leitete ein Nachprüfungsverfahren ein.

Der Vergabesenat wies die Beschwerde zurück. In den Entscheidungsgründen stellt das Gericht maßgeblich darauf ab, dass nicht jede Übertragung von Aufgaben oder Leistungen im Bereich staatlich regulierter Tätigkeiten automatisch als entgeltlicher öffentlicher Auftrag im Sinne des § 103 GWB zu qualifizieren ist. Entscheidend sei vielmehr eine funktionsbezogene Betrachtung des einschlägigen spezialgesetzlichen Rahmens. Dieser könne – wie hier – eine Organisationsstruktur vorsehen, die nicht auf eine klassische Beschaffung, sondern auf hoheitlich geprägte Aufgabenwahrnehmung ausgerichtet ist.

Das OLG Düsseldorf hebt hervor, dass vor der Anwendung vergaberechtlicher Maßstäbe stets zu prüfen ist, ob überhaupt ein Beschaffungsvorgang eröffnet ist. Fehlt es daran, scheidet eine Anwendung des Vergaberechts bereits im Ansatz aus. Die bloße Tatsache, dass zuvor ein Wettbewerbsverfahren durchgeführt worden war, zwinge nicht dazu, jede spätere Umorganisation ebenfalls als vergaberechtlich relevante Vergabe einzuordnen.

Die Entscheidung verdeutlicht die Bedeutung einer sorgfältigen rechtlichen Einordnung bei Struktur- und Organisationsentscheidungen in regulierten Bereichen. Für öffentliche Auftraggeber folgt hieraus die Notwendigkeit, die Gründe für die Annahme eines nicht vergaberechtsgebundenen Organisationshandelns nachvollziehbar zu dokumentieren. Für Unternehmen zeigt der Beschluss die Grenzen vergaberechtlicher Angriffsmöglichkeiten auf, wenn es nicht um Beschaffung, sondern um gesetzlich geprägte Aufgabenübertragung geht.

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