Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Vergabesenat), Beschluss vom 21. November 2024 – 11 Verg 6/24

12. Dezember 2025 - Vergaberecht

Im Beschluss 11 Verg 6/24 hatte der Vergabesenat des OLG Frankfurt am Main über eine in der Nachprüfungspraxis regelmäßig streitige Kostenfrage zu entscheiden: Unter welchen Voraussetzungen ist die Hinzuziehung eines Rechtsanwalts durch den öffentlichen Auftraggeber im Verfahren vor der Vergabekammer „notwendig“ und damit erstattungsfähig bzw. kostenrechtlich zu berücksichtigen.

Ausgangspunkt war eine Kostenentscheidung der 2. Vergabekammer des Landes Hessen, die die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten auf Seiten des öffentlichen Auftraggebers für notwendig erklärt hatte. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde.

Der Senat nimmt eine einzelfallbezogene, differenzierte Betrachtung vor und schärft die Kriterien, die für oder gegen die Notwendigkeit anwaltlicher Vertretung sprechen. Maßgeblich ist danach nicht ein abstraktes „Regel-Ja“ zugunsten der anwaltlichen Begleitung, sondern die konkrete Verfahrens- und Sachlage: Gegen die Notwendigkeit kann insbesondere sprechen, wenn die Vergabestelle – noch ohne anwaltliche Unterstützung – bereits vorgerichtlich umfassend zu den später im Nachprüfungsverfahren maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen Stellung genommen hat und damit erkennen lässt, dass sie die Materie strukturiert beherrscht und das Verfahren prozessual steuern kann.

Konsequenterweise hat das OLG Frankfurt den vergabekammerlichen Ausspruch zur Notwendigkeit aufgehoben und tenoriert, dass die Hinzuziehung eines Verfahrensbevollmächtigten durch den Antragsgegner nicht für notwendig erklärt wird. Kostenrechtlich ist das ein klares Signal: Die Erstattungsfähigkeit anwaltlicher Kosten ist kein Automatismus, sondern setzt eine nachvollziehbare Begründung voraus, warum die Vergabestelle ohne anwaltliche Hilfe nicht in der Lage gewesen wäre, das konkrete Nachprüfungsverfahren sachgerecht zu führen.

Für die Praxis ergibt sich daraus ein belastbarer Compliance-Punkt: Öffentliche Auftraggeber sollten – gerade in kostenintensiven Verfahren – dokumentieren, welche objektiven Umstände die anwaltliche Hinzuziehung erforderlich machen (Komplexität, Umfang, personelle Ressourcen, Parallelverfahren, besondere Rechtsfragen). Umgekehrt gilt: Wenn eine Vergabestelle bereits im Vorfeld fundiert, substantiiert und konsistent argumentiert hat, kann dies im Kostenregime gegen die Notwendigkeit sprechen. Für Antragsteller und Beigeladene eröffnet der Beschluss zudem klare Ansatzpunkte, kostenrechtliche Positionen gezielt zu überprüfen.

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