Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 19. Dezember 2024 – 11 Verg 9/24

4. November 2025 - Vergaberecht

Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Aufklärung von Preisangaben im Rahmen der Vergabe von Reinigungsleistungen für mehrere Liegenschaften einer öffentlichen Auftraggeberin.

Einer der Bieter hatte in seinem Angebot einzelne Preispositionen angegeben, die deutlich unter dem marktüblichen Niveau lagen. Die Vergabestelle forderte diesen Bieter daraufhin gemäß § 15 Abs. 1 VOB/A-EU auf, die zugrunde liegende Kalkulation näher zu erläutern. Ein Mitbewerber beanstandete dieses Vorgehen und machte geltend, die Vergabestelle habe dem Konkurrenten damit eine unzulässige nachträgliche Korrektur seines Angebots ermöglicht.

Der Vergabesenat wies den Nachprüfungsantrag zurück. Eine Aufklärung ist – so das Gericht – zulässig, wenn sie ausschließlich der Plausibilitätsprüfung dient und keine inhaltliche Änderung des Angebots bewirkt. Ziel der Nachfrage sei hier allein gewesen, festzustellen, ob die auffälligen Preisabweichungen auf einem Kalkulationsfehler, auf einem atypischen Leistungsansatz oder auf einer besonders effizienten Ausführung beruhten. Der betroffene Bieter habe lediglich erläutert, dass er bestimmte Leistungen intern bündele und Personalkosten anders verteile, ohne die angebotenen Preise zu ändern.

Nach Auffassung des Senats handelt es sich damit nicht um eine unzulässige Nachverhandlung, sondern um eine zulässige Erläuterung zur Überprüfung der Auskömmlichkeit. Das Gericht betonte, dass Auftraggeber berechtigt sind, Auffälligkeiten in der Preisstruktur nachzufragen, solange sie die Kommunikation dokumentieren und keine nachträgliche Preisbildung zulassen.

Die Entscheidung verdeutlicht die feine Abgrenzung zwischen erlaubter Angebotsaufklärung und vergaberechtswidriger Nachverhandlung. Auftraggeber dürfen und müssen zweifelhafte Preisangaben hinterfragen, müssen dabei jedoch strikt darauf achten, dass die angebotenen Werte unverändert bleiben und der Gleichbehandlungsgrundsatz gewahrt wird.