Oberlandesgericht Düsseldorf, Beschluss vom 16. April 2025 – Verg 35/24

11. Oktober 2025 - Vergaberecht

Der Entscheidung lag ein offenes Vergabeverfahren zur Beschaffung technischer Anlagen zugrunde, bei dem der Auftraggeber ein komplexes Bewertungsmodell angewendet hatte. Neben den bekanntgemachten Zuschlagskriterien und deren Gewichtung führte er im Rahmen der Angebotswertung zusätzlich einen sogenannten „Bietungsfaktor“ ein, mit dem die Bewertungen der Angebote nochmals rechnerisch modifiziert wurden. Ein unterlegener Bieter rügte, dass diese zusätzliche Variable in den Vergabeunterlagen nicht erläutert war und damit die Bewertung intransparent und unvorhersehbar geworden sei.

Das Oberlandesgericht Düsseldorf gab dem Nachprüfungsantrag statt. Es stellte fest, dass eine Bewertungsmethode, die neben der bekanntgemachten Gewichtung ein weiteres, nicht offengelegtes mathematisches Element verwendet, gegen die Grundsätze der Transparenz und Gleichbehandlung (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB, § 127 Abs. 1 GWB) verstößt. Der Auftraggeber habe den Bietern keine Möglichkeit gegeben, die Auswirkungen des „Bietungsfaktors“ auf die Endbewertung im Voraus zu erkennen. Dies führe dazu, dass die Angebotswertung nicht mehr überprüfbar und somit rechtswidrig sei.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass Zuschlagskriterien und Bewertungsmethoden so zu formulieren sind, dass ein verständiger Bieter die Wertungssystematik in ihrer Wirkung nachvollziehen kann. Der Auftraggeber darf keine zusätzlichen Parameter verwenden, die das Ergebnis der Wertung nachträglich verändern oder relativieren. Insbesondere ist es unzulässig, nachträglich Berechnungsfaktoren einzuführen, die nicht in den Vergabeunterlagen angekündigt wurden. Das Transparenzgebot verlangt eine vorab klar erkennbare Bewertungslogik.

Die Entscheidung verdeutlicht, dass Bewertungsmodelle in Vergabeverfahren einfach, logisch und vollständig dokumentiert sein müssen. Auftraggeber sollten komplexe Scoring- oder Rechenmodelle vermeiden, wenn deren Funktionsweise für Bieter nicht vollständig nachvollziehbar ist. Die Rechtsprechung verlangt, dass Gewichtung und Bewertungsmethode eine geschlossene, für alle nachvollziehbare Einheit bilden.

Da das deutsche Vergaberecht auf den EU-Richtlinien 2014/24/EU und 2014/25/EU beruht, gelten die hier aufgestellten Grundsätze zur Transparenz und Nachvollziehbarkeit von Bewertungsmodellen in allen Mitgliedstaaten. Die Entscheidung des OLG Düsseldorf fügt sich damit in die unionsrechtliche Linie zur Vorhersehbarkeit von Zuschlagskriterien ein und ist für Auftraggeber in der gesamten Europäischen Union von Relevanz.