Bayerisches Oberstes Landesgericht, Beschluss vom 7. Mai 2025 – Verg 8/24

11. Oktober 2025 - Vergaberecht

Der Entscheidung lag ein Vergabeverfahren zur Beschaffung technischer Anlagen und Planungsleistungen durch eine bayerische Kommune zugrunde. Der Auftraggeber hatte im Rahmen der Angebotswertung qualitative Kriterien herangezogen, deren Bewertung durch eine interne Bewertungsgruppe erfolgte. Ein unterlegener Bieter beanstandete, dass die Bewertungen nicht nachvollziehbar dokumentiert und teilweise von den in der Ausschreibung angegebenen Bewertungsmaßstäben abgewichen seien.

Das BayObLG stellte klar, dass dem Auftraggeber zwar bei der Wertung qualitativer Kriterien ein Beurteilungsspielraum zusteht, dieser Spielraum jedoch nur innerhalb der in den Vergabeunterlagen selbst gesetzten Grenzen besteht. Der Auftraggeber darf sich nicht von seinen eigenen Bewertungsvorgaben lösen und auch nicht ohne sachliche Begründung von der angekündigten Bewertungsmethodik abweichen. Eine nachvollziehbare, geschlossene Dokumentation ist zwingende Voraussetzung für die Wirksamkeit der Zuschlagsentscheidung.

Zur Begründung führte das Gericht aus, dass die Ausübung des Beurteilungsspielraums nur dann rechtmäßig ist, wenn sie auf einem strukturierten, überprüfbaren Verfahren beruht. Bewertungsentscheidungen müssen plausibel, konsistent und auf Grundlage objektiv erkennbarer Erwägungen getroffen werden. Werden Bewertungen abweichend von der vorgesehenen Matrix oder ohne hinreichende Begründung vorgenommen, verletzt dies das Transparenzgebot und den Gleichbehandlungsgrundsatz (§ 97 Abs. 1 und 2 GWB).

Das BayObLG bekräftigte zudem, dass die Dokumentationspflicht eine zentrale Kontrollfunktion hat. Nur anhand einer nachvollziehbaren Dokumentation lässt sich später überprüfen, ob die Wertung sachgerecht und gleichmäßig erfolgt ist. Eine nachträgliche Begründung oder „Ergänzung“ der Bewertungsentscheidungen genügt nicht.

Die Entscheidung mahnt öffentliche Auftraggeber, ihre Bewertungsverfahren klar zu strukturieren und die tatsächliche Wertung eng an den vorgegebenen Kriterien und Maßstäben auszurichten. Bewertungsleitfäden, Schulungen und Plausibilitätsprüfungen vor Zuschlagserteilung sind unerlässlich.

Da das deutsche Vergaberecht auf den EU-Richtlinien beruht, haben die Grundsätze dieser Entscheidung unionsweite Bedeutung. Sie gelten für alle Mitgliedstaaten, in denen qualitative Zuschlagskriterien Anwendung finden. Auftraggeber in ganz Europa müssen sicherstellen, dass der ihnen zustehende Beurteilungsspielraum nicht willkürlich, sondern methodisch gebunden und transparent ausgeübt wird.