Im Beschluss Verg 8/24 e hatte der Vergabesenat des Bayerischen Obersten Landesgerichts über die Rechtmäßigkeit einer Angebotswertung zu entscheiden, bei der qualitative Konzepte den Ausschlag geben sollten.
Auftraggeberin war ein Klinikum, das europaweit im offenen Verfahren Beschaffungsdienstleistungen im Gesundheitswesen ausschrieb. Die Zuschlagswertung war zweigeteilt: Der Preis (in Gestalt einer umsatzabhängigen „Rückvergütung“) floss mit 30 % ein, die Servicequalität mit 70 %; hierfür waren mehrere, teils untergliederte Konzepte einzureichen und anhand einer Wertungsmatrix zu bepunkteten. Antragstellerin und Beigeladene sind – wie das Gericht hervorhebt – große, miteinander konkurrierende Einkaufsgemeinschaften. 
Nach Vorabinformation beabsichtigte die Vergabestelle, den Zuschlag der Beigeladenen zu erteilen: Zwar lag die Antragstellerin beim Preis vorn, die Beigeladene erzielte jedoch in der Konzeptwertung einen so deutlichen Vorsprung, dass sich ihr Angebot insgesamt als wirtschaftlicher darstellte. Die Antragstellerin rügte anschließend insbesondere eine aus ihrer Sicht widersprüchliche und sachlich nicht tragfähige Bewertung mehrerer Konzeptbestandteile sowie Defizite in der Dokumentation der Wertungsentscheidungen (§ 8 VgV). Nach Akteneinsicht wurden konkrete Abweichungen vom Erwartungshorizont der Wertungsmatrix, nachträglich eingebrachte Bewertungsaspekte und einzelne – teils als „Flüchtigkeitsfehler“ bezeichnete – Unstimmigkeiten in der Vorabinformation problematisiert. 
Der Senat hat den Beschluss der Vergabekammer Ansbach in wesentlichen Teilen aufgehoben und die Auftraggeberin verpflichtet, das Vergabeverfahren in den Stand vor Wertung der Angebote zurückzuversetzen und bestimmte, im Tenor benannte Konzepte bzw. Unterkategorien neu zu bewerten. Im Übrigen blieb es bei der Zurückweisung weitergehender Begehren. Damit zeichnet das Gericht eine klare Linie: Der Beurteilungsspielraum bei der Bewertung qualitativer Zuschlagskriterien schützt die Vergabestelle nur, solange die Wertung methodisch konsistent bleibt, am bekannt gemachten Bewertungsrahmen anknüpft und dokumentationsfest nachvollziehbar ist. Wo Wertungen widersprüchlich erscheinen, sich von vorab gesetzten Erwartungshorizonten lösen oder nicht belastbar belegt werden können, ist eine Korrektur über eine Neubewertung das geeignete Rechtsmittel. 
Für die Praxis ist der Beschluss vor allem ein Governance-Signal: Wer Qualitätskriterien stark gewichtet, braucht eine stringent geführte Wertungsdokumentation, eine interne Bewertungsdisziplin entlang der Matrix und eine Vorabinformation, die die maßgeblichen Gründe zutreffend wiedergibt. Andernfalls entstehen Angriffspunkte, die – wie hier – nicht zwingend zum „Neustart“, aber sehr wohl zu einer gezielten Neubewertung einzelner Wertungsbausteine führen können, mit erheblicher Auswirkung auf Rangfolge, Zeitplan und Kostenlast.
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