Soweit Verbindlichkeiten vor Ausscheiden eines Gesellschafters begründet wurden, ist auch nach Ausscheiden eines persönlich haftenden Gesellschafters bereits nach dem bisherigen Recht auf die Dauer von fünf Jahren dessen Inanspruchnahme als Gesamtschuldner neben der Gesellschaft und deren (ehemaligen) Gesellschaftern möglich (736 Abs. 2 BGB, § 10 Abs. 2 PartGG sowie §§ 160, 161 Abs. 2 HGB). Nach der bisherig herrschenden Meinung und der Rechtsprechung bedeutet das für die Zeit bis zum 31. Dezember 2023 die Möglichkeit des Gläubigers und das Risiko des ausgeschiedenen Gesellschafters, den ausgeschiedenen Gesellschafter persönlich für sämtliche Ansprüche eines Vertragspartners der Gesellschaft, die sich aus dem Vertragsverhältnis ergeben, in Anspruch zu nehmen. Diese Haftung erstreckt sich bisher auch auf sogenannte Sekundäransprüche (z.B. auf Schadensersatz), selbst wenn sie sich auf der Grundlage eines vor Ausscheiden des Gesellschafters begründeten Vertragsverhältnisses aus einer anspruchsbegründenden Verletzung einer Vertragspflicht aus jenem Vertrag folgt, die erst nach dem Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafters erfolgt. Er haftet vor Gesetzesänderung also auch für Ansprüche wegen Verletzung von Altverträgen, die erst nach dessen ausscheiden ausgelöst wurden. Dies führt zu einer Eintrittspflicht wegen vertragswidriges Verhalten, auf welches der Gesellschafter nach Ausscheiden keinerlei Einfluss zu nehmen vermochte. Diese Rechtsanwendung schützt das Vertrauen des Vertragspartners der Gesellschaft in die Leistungsfähigkeit des bei Vertragsabschluss noch beteiligten Gesellschafters, auf dessen Ausscheidenszeitpunkt er keinen Einfluss zu nehmen vermag.
Die Gesetzesänderung durch das MoPeG beschränkt die Nachhaftung des ausgeschiedenen zuvor persönlich haftenden Gesellschafters weitreichend. Die neuen ab dem 1. Januar 2024 geltenden §§ 137 Abs. 1 Satz 2 HGB, 728b Abs. 1 Satz 2 BGB regeln nun, dass der ausgeschiedene Gesellschafter nur dann auf Schadenersatz haftet, wenn die zugrundeliegende Pflichtverletzung bereits vor seinem Ausscheiden stattfand. Auf den Zeitpunkt des Vertragsschlusses (allein) wird nicht mehr abgestellt.
Abzustellen ist nun darauf, ob der Zeitpunkt der Pflichtverletzung vor oder nach Ausscheiden liegt; liegt er nach dem Ausscheiden, so scheidet künftig eine Haftung aus. Setzt der Anspruch des Vertragspartners der Gesellschaft Weiteres voraus, z.B. wie etwa erfolglose Frist- oder Nachfristsetzungen so haftet der ausgeschiedene Gesellschafter allerdings auch dann, wenn zu Zeiten seiner Gesellschafterstellung die originäre Pflichtverletzung eintrat, weitere Voraussetzungen aber erst nach Ausscheiden.
Zu beachten bleibt, dass die Begrenzung der Nachhaftung nicht durch das Ausscheiden allein eintritt, sondern erst ab dem Zeitpunkt, in dem der Vertragspartner der Gesellschaft von dem Ausscheiden des persönlich haftenden Gesellschafter Kenntnis erlangt hat oder das Ausscheiden im Handelsregister bzw. – bei der GbR – in dem neuen Gesellschaftsregister gemäß §§ 707 ff. BGB n.F. eingetragen wurde. Darauf also hat der ausscheidende Gesellschafter zum Zeitpunkt seines Ausscheidens zu achten, im die Nachhaftungsbegrenzung überhaupt in Gang zu setzen. Musste der ausscheidende GbR-Gesellschafter früher für die umfassende Information aller Vertragspartner sorgen, vermag er Nachhaftung mit der Möglichkeit der Eintragung im neuen GbR-Gesellschaftsregister gleich einer Eintragung im Handelsregister die gewünschte Rechtsfolge auslösen. Umgekehrt erfordert dies die Prüfung von Registern durch Gläubigern vor der Inanspruchnahme ausgeschiedener Gesellschafter.
Die Neuregelungen gilt auch für die Nachhaftung des ehemals persönlich haftenden Gesellschafters, der durch gesellschaftsrechtlichen Statuswechsel und aufgrund jenes Statuswechsels ab diesem Zeitpunkt beschränkt haftet (§ 137 Abs 3 Satz 1 HGB n.F., § 707c Abs. 5 Satz 1 BGB n.F.). Auch die Nachhaftung des ehemals unbeschränkt haftenden Gesellschafters, der durch Wechsel z.B. in die nur beschränkt haftende Kommanditisten Stellung besteht mit Anwendbarkeit der genannten Gesetzesänderung allein noch im dort geregelten Umfang; der Statuswechsel steht in derartigen Fällen dem Ausscheiden gleich.Die neuen Regelungen werden die Haftungsrisiken von ehemaligen persönlich haftenden Gesellschaftern für die Zeit nach ihrem Ausscheiden bzw. nach dem Wechsel in die Kommanditisten Stellung reduzieren. Der auf die Bonität abstellende Vertragspartner sollte sich, wie bisher, Rechte zur Kündigung oder Anforderung von Sicherheiten im Falle relevanter Änderungen der Gesellschafterstruktur weiterhin vorbehalten und / oder die Fortführung von Verträgen z.B. von Sicherheiten abhängig machen.
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