Der BFH (Beschlüsse vom 11.12.2013, XI R 17/11 und XI R 38/12)

10. Juni 2014 - Gesellschaftsrecht

Der Bundesfinanzhof klärt bedeutende Fragen zum Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit Führungsholdings und Organschaft durch Anrufung des höchsten europäischen Gerichts. Damit ist mit einer kurzfristigen Klärung nicht zu rechnen. Mit den genannten Beschlüssen hat der BFH dem Europäischen Gerichtshof mehrere Fragen zum Vorsteuerabzug einer sogenannten Führungsholding und zur Organschaft vorgelegt. Dabei geht es unter anderem darum, wie Vorsteuerbeträge zwischen wirtschaftlichen und nichtwirtschaftlichen Tätigkeiten einer Führungsholding aufzuteilen sind. Auch soll der EuGH klären, ob der Ausschluss von Personengesellschaften von der Organschaft gegen den EU-rechtlichen Grundsatz der Rechtsformneutralität verstößt.

EU-rechtliche Aufteilungskriterien unklar

Wie der BFH erläutert, handelt es sich bei einer Führungsholding um eine Gesellschaft, die über das Halten von Beteiligungen an Tochtergesellschaften hinaus auch aktiv in das laufende Tagesgeschäft dieser Tochtergesellschaften eingreift. In den Streitfällen erbrachten die Führungsholdings an ihre Tochter-Personengesellschaften entgeltliche administrative und kaufmännische Dienstleistungen. Zur Finanzierung ihrer Geschäftstätigkeit und des Erwerbs der Anteile an den Tochtergesellschaften bezogen die Holdings ihrerseits Dienstleistungen von anderen Unternehmen (wie beispielsweise die Erstellung eines Ausgabeprospekts und Rechtsberatungsleistungen). Die Holdings begehrten für diese mit Umsatzsteuer belasteten Dienstleistungen den vollen Vorsteuerabzug. Weil das reine Halten von Anteilen an Tochtergesellschaften nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, war das Finanzamt dagegen der Auffassung, dass der Vorsteuerabzug nur anteilig gewährt werden kann. Unklar sei jedoch, nach welchen EU-rechtlichen Kriterien eine solche Aufteilung vorzunehmen ist, so der BFH. Dies solle mit der ersten Vorlagefrage geklärt werden.

Ausschluss von Personengesellschaften von der Organschaft europarechtswidrig?

Die zweite Vorlagefrage bezieht sich auf die Regelungen zur sogenannten Organschaft, bei der eine Organgesellschaft in das Unternehmen eines Organträgers eingegliedert ist. In den Streitfällen begehren die Holdings jeweils hilfsweise eine solche Eingliederung der Tochter-Personengesellschaften in ihr Unternehmen anzunehmen, um die Vorsteuerbeträge in voller Höhe abziehen zu können. Nach nationalem Recht sei dies jedoch nicht möglich, da nur juristische Personen Organgesellschaften sein können. In diesem Zusammenhang stelle sich die Frage, ob der EU-rechtliche Grundsatz der Neutralität zur Folge habe, dass entgegen der nationalen Regelung auch Personengesellschaften Organgesellschaften sein können. Für den Fall eines etwaigen Verstoßes gegen das EU-Recht möchte der vorlegende Senat des BFH mit der dritten Vorlagefrage wissen, ob sich die Holdings unmittelbar auf das für sie günstigere EU-Recht berufen können.
(BFH, Beschlüsse vom 11.12.2013, Az.: XI R 17/11 und XI R 38/12).

Harald Nickel