Hessischer Landtag will Handlungsfähigkeit der Kommunen wiederherstellen

25. März 2020 - Baurecht

Wiesbaden/Hanau: Die Bauwirtschaft wird, kurzfristig, mittelfristig und langfristig Investitionen im großflächige Bauprojekte, insbesondere in den heute mehr denn je erforderlichen Bau bezahlbaren Wohnraums nicht tätigen können, wenn erforderliches Bauplanungsrecht und erforderliches Baurecht nicht geschaffen, erforderliche Bebauungspläne nicht auf den Weg gebracht werden können. Gerade die Schaffung von Baurecht erfordert eine umfangreiche demokratische Kontrolle durch die kommunalen Parlamente der hessischen Städte und Gemeinden und die Beteiligung betroffener BürgerInnen und bereits während des Planungsprozesses. Einerseits also erfordert das mutmaßlich „anspruchsvollste“ Bauplanungsrecht aller Industriestaaten in Deutschland und in Hessen einen gerichtlich überprüfbar aufwendigen Prozess demokratischer Abstimmung und rechtlicher Mitwirkungsmöglichkeiten vor und zur Schaffung von Baurecht, es nicht bereits gewährleistet ist. Andererseits erzeugt die Corona- Wirtschaftskrise einen noch größeren Bedarf insbesondere an bezahlbaren Wohnraum und verlangt sie allen staatlichen Stellen ab, alle Hemmnisse für Investitionsmöglichkeiten der privaten Wirtschaft möglichst sofort aus dem Weg zu räumen. Dafür schafft der Hessische Landtag nun durch Änderung der Hessischen Gemeindeordnung schnell, notwendig und geeignet die erforderlichen rechtlichen Voraussetzungen. Kreisen, Städten und Gemeinden wird angeraten, offensiv von dieser Chance Stillstand zu überwinden Gebrauch zu machen. Vergleichbare Vorhaben sind in den anderen Bundesländern auf dem Weg.

Der hessische Landtag schafft auf der Grundlage eines Gesetzesentwurfs von CDU, Grünen, SPD und FDP vom 23.3.2020 (Drucksache des Hessischen Landtags 20/2591, als Anlage anbei) durch Änderung der Hessischen Gemeindeordnung befristet auf die Dauer eines Jahres die gesetzlichen Voraussetzungen für die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit kommunaler Entscheidungsorgane auch und gerade während der Krise. Entscheidungsprozesse der Organe der Kommunen können nach dieser anstehenden Änderung der Kommunalverfassung vereinfacht und so herbeigeführt werden, dass es nicht zwingend Sitzungen der Organe in der bisherigen Form braucht. Dies gilt sowohl etwa für die Schaffung von Baurecht, wie für alle übrigen anstehenden bedeutsamen Entscheidungen.

„Wie erste Anfragen von Kommunen zeigen, besteht im Zusammenhang mit der Schaffung öffentlichen Baurechts bei Kommunen die Sorge, dass insbesondere wegen des Erfordernisses der Bürgerbeteiligung an Planungsprozessen in der aktuellen Situation beschlossene Bebauungspläne nachfolgend von den Gerichten wegen Formmangels verworfen werden, weil eben diese Bürgerbeteiligung während der Krise nicht hinreichend sichergestellt werden kann. Deshalb wird in den Rathäusern überlegt, aus Sorge vor gerichtlichen Bedenken und Stoppverfügungen die Schaffung von Baurecht auch nach der angestrebten Änderung der Gemeindeordnung zu verschieben. Das wäre in der Krise Gift oder weiteres Gift für unsere Konjunktur. Dies würde darüber hinaus die ohnehin angespannte Situation auf dem Wohnungsmarkt in Hessen weiter verschärfen. Wir raten daher den Kommunen, Ihr Herz in die Hand zu nehmen und gerade jetzt zu Zeiten, in denen es positive Signale und wirtschaftliche Impulse braucht, Bauprojekte nicht auf die lange Bank zu schieben. Wir geben auf die uns vorliegenden Anfragen von Kommunen Handreichungen, wie unter Berücksichtigung allgemein fortgeltender gesetzlicher Regelungen einerseits und unter Anwendung von künftigen Regelungen der Gesetzesvorlage vom 23.3.2020 andererseits, Planungsrecht belastbar recht sicher und gar im Vergleich zu bisherigen Regelungen beschleunigt geschaffen werden kann, um die Ampeln für Investitionen am Bau auf „grün“ zu schalten. Barrieren für die Beteiligung insbesondere von Bürgern an den Bauplanung-Verfahren können trotz ausgedünnter Personaldecke in den Rathäusern in geeigneter Weise beiseite geräumt werden. Bei geeigneten Vorkehrungen werden Rechtsprechung und Gerichte den Bemühungen von Kommunen, gerade jetzt Entscheidungen zu treffen, welche Investitionen und gerade Investitionen in Wohnbau ermöglichen, keine Steine in den Weg legen. Wer meint, unter Berufung auf die Corona-Krise Individualinteressen mit dem juristischen Hebel mangelnder Bürgerbeteiligung oder Beanstandung neu geschaffener Entscheidungsabläufe gegen das Interesse der Allgemeinheit an zeitnahen Investitionen zu Fall bringen zu können, wird sich aus meiner Sicht gründlich täuschen. Deswegen mein Appell an die Verantwortlichen von Kreisen, Städten und Gemeinden: Ermöglichen Sie Investitionen gerade jetzt. Schaffen Sie Baurecht unter Anwendung der anstehenden Gesetzesänderung. Lassen Sie sich von zwangsläufig defensiven juristischen Auskünften, die sämtlichst aber grundsätzlich gerade die Schaffung von Baurecht auch unter erschwerten Bedingungen für möglich halten, nicht davon abbringen, Investitionen am Bau, die heute so wichtig sind die nie, schnellstens zu ermöglichen,“ so kommentiert Rechtsanwalt Harald Nickel von Nickel Rechtsanwälte, Hanau, einem im Bereich des Immobilienrechts und der Kommunalberatung führenden mittelständischen Anwaltsbüro die Gesetzesinitiative von der Fraktionen von CDU, Bündnis 90/Die GRÜNEN, SPD und FDP zur Änderung der Hessischen Gemeindeordnung im Hessischen Landtag.

Den genannten Gesetzesentwurf vom 23.3.2020 lesen Sie hier.